Häusliche Gewalt umfasst ein vielfältiges Muster von Handlungen, Verhaltensweisen und Unterlassungen. Sie werden von der gewaltausübenden Person mit dem Ziel ausgeübt, Macht und Kontrolle über das Leben, Verhalten, Handeln und Denken eines anderen Menschen zu gewinnen. Frauen, die von ihrem aktuellen oder ehemaligen Partner misshandelt werden, beschreiben zumeist ein vielschichtiges Gewaltgeschehen. Es umfasst gleichermaßen offene wie verdeckte Gewaltformen. Kaum eine Frau erlebt ausschließlich körperliche oder sexualisierte Gewalt. In der Regel erfolgen diese Taten auf der Grundlage eines Beziehungsalltags, der durch Willkür, Drohungen, Demütigungen, Verbote, Ausbeutung und Erpressungen ebenso geprägt ist wie durch Momente der Freundlichkeit, Zugewandtheit und Aufmerksamkeit. Diese widersprüchlichen und von der Partnerin nicht beeinflussbaren Verhaltensweisen des Mannes zermürben das Selbstvertrauen und das Gefühl der Frau in einer sicheren und kontrollierbaren Situation zu leben.
Körperliche Gewalt. Frauen werden geschubst, getreten, ihnen wird der Arm umgedreht, sie werden an den Haaren gezogen, sie werden gewürgt, gebissen mit Fäusten oder Gegenständen geschlagen, ihnen werden Verbrennungen zugefügt, sie werden mit dem Tod bedroht, sie werden ermordet. Körperliche Gewalt beginnt nicht selten während einer Schwangerschaft und kann Fehl- oder Frühgeburten zur Folge haben. Körperliche Gewalttaten werden in der Öffentlichkeit am ehesten als Gewalt erkannt und anerkannt.
Sexualisierte Gewalt. Frauen werden zu sexuellen Handlungen oder Praktiken gezwungen/genötigt, die sie nicht möchten, sie werden als Sexualobjekte missbraucht und vergewaltigt. Die Vergewaltigung einer Frau durch den Ehepartner ist in Deutschland erst seit 1997 ein Straftatbestand.
Psychische Gewalt / Psychoterror äußert sich in der Verweigerung von Anerkennung und Achtung, im Entzug von Liebe und Aufmerksamkeit, in Abwertung und Missachtung, in fehlender oder mangelnder Unterstützung, in offener Ablehnung, in der Ankündigung bedrohlicher oder verletzender Handlungen gegen die Frau selbst, gegen das Kind oder gegen andere, der Frau wichtige Personen. Psychische Gewalt wird verbal und nonverbal ausgeübt und unterhöhlt langfristig die Handlungsfähigkeit und das Selbstvertrauen von Frauen.
Ökonomische Gewalt beschreibt die alleinige Verfügungsgewalt des Mannes über die finanziellen Mittel der Familie, die Zuteilung von Taschen- und Haushaltsgeld, das Verhindern oder Verbieten von Erwerbstätigkeit, den Zwang zu Erwerbstätigkeit, das Absprechen der Fähigkeit mit Geld umzugehen – die Herstellung und Festigung einer ökonomischen Abhängigkeit der Frau vom Mann.
Soziale Gewalt. Auch sie wird eingesetzt, um Abhängigkeit herzustellen indem die Frau in ihren sozialen Kontakten kontrolliert oder von ihnen ausgeschlossen wird. Männer regeln beispielsweise wichtige Angelegenheiten im Leben der Frau und halten sie in einem Zustand der Unmündigkeit. Sie kontrollieren oder verbieten Freundschaften und Beziehungen und zerstören vorhandene soziale Unterstützungsnetze der Frauen.
Leben Kinder in einer Partnerschaft, in der Gewalt ausgeübt wird, sind sie von dieser immer mitbetroffen: Hörend, sehend, fühlend und spürend. Sie werden als Druckmittel gegen die Frau benutzt, sie werden erpresst und manipuliert und sie werden nicht selten selbst Opfer körperlicher, ggf. auch sexualisierter Gewalt.
Das – hier leicht veränderte – „Rad der Gewalt“, entwickelt in den USA vom Domestic Abuse Intervention Projekt (DAIP) gibt einen Eindruck von den Dimensionen der Misshandlungen, mit denen Frauen in ihren Beziehungen konfrontiert sind: